Letzter Strafvollzug an der Limbacher Galgengerichtsstätte

von Karl Fritzsching

Man schrieb das Jahr 1807. Die Menschen des gesamten Heimatgebietes von der Mulde bis zur Chemnitz, bis über den Totenstein-Höhenzug hinüber waren seit Wochen in gespanntester Erwartung und zappelten vor Erregung. In Chemnitz hatte Gottlob Schellenberger seinen zehnjährigen Stiefsohn mit Arsenik ums Leben gebracht. Ein paar hundert Taler, die der Knabe als Erbteil von seinem verstorbenen Vater her besaß, waren die Veranlassung zu dem abscheulichen Kindermord gewesen. Und was die Tat noch verruchter machte: Die leibliche Großmutter des Jungen, die Eva Rosina verw. Bonitz, die Hebamme in Köthensdorf, hatte dem Schwiegersohn in Chemnitz das Gift besorgt. Unter dem hochragenden, dreibeinigen Galgen angekommen, von dessen einem Querbalken ein krächzender Rabe die schwere Sünderin begrüßte, ehe er mit schwerfälligem Flügelschlag seinen Weg in Richtung Froschknarre nahm, sprach der geistliche Herr noch einmal liebevoll und beschwörend auf die Schuldbeladene ein und forderte sie zu gemeinsamem und letztem Gebet auf. Dann waltete der Henker aus Penig mit seinen Knechten seines Amtes. Der Knienden wurden die Augen verbunden. Das Richtschwert blitzte. Mit wohlgezieltem wuchtigem Schlage trennte der Henker das Haupt vom Rumpf, der leblos zusammensackte. Ein mancher in der Runde war leichenblass geworden und vergaß, den Mund zu schließen. Noch viel mehr der Neugierigen wandten sich gruselnd ab, als die Gesellen des Scharfrichters der Toten die Hauptknochen brachen und den Körper zwischen die Speichen des verwetterten gewaltigen Rades zwängten. Es kostete einige Mühe, die blutige Last auf das Galgengestell zu heben und dort zu befestigen: Krähen und Raben zum Fraße, den Menschen zur Abschreckung vor böser Tat !

Am 7. August rollte auf dem Marktplatz in Chemnitz das Haupt des Mörders Schellenberger in den Sand.

Die Hinrichtung der Rosina Bonitz war der letzte Strafvollzug auf dem Limbacher "Gerichte". Es war nicht die letzte "Arbeit" des Peniger Scharfrichters. Sein Bereich, in dem er zu Exekutionen herangezogen wurde, war recht ausgedehnt, denn er hatte sich einer ganzen Reihe von Feudalherren und Gerichten zu Henkersdiensten verpflichtet. In den Limbacher Rittergutsakten ist eine solche Vereinbarung vom Jahre 1675 noch vorhanden. Sie wurde also 132 Jahre vor dem Falle Bonitz getroffen, gibt uns aber ungeschminkten Aufschluss über die damaligen grausamen Leibesstrafen und über die fast unumschränkte Gewalt, die der Feudalrichter über seine Untertanen hatte. Der die Leibesstrafen betreffende Teil des Vergleichs sei deshalb hier wiedergegeben:

"Zu wißen, Das der HochEdelgebohrne Gestrenge und Veste, Herr Antonius von Schönberg uff Limbach und Mittelfrohne sich heutiges tages mit dem ScharffRichter zu Penigk, Meister Caspar Otten wegen der Peinlichen Fälle, und umbgefallenen Viehes, dahin Verglichen,

1. Das von der Hochadel: Obrigkeit zu Limbach, Mittel- und Niederfrohne, Ihme von einer Peinlichen Vorstellung Ein gut Schock, und deßen Knechte Zwölfe groschen Trinkgelt, nebenst freyer Zehrung gegebne werden soll.

2. Soll Er von Allen und Jeden Peinlichen Executionen, sie haben Nahmen, wie Sie wollen, es sey Martren, Staupenschlagen, Säcken, mit dem Schwerdte richten, Hängen, Rädern, Radebrechen, Verbrennen, Ingleichen von einer Persohn, so aus Verzweifelung sich selbst erhängen oder ersäufen thete, abzunehmen, aus dem Waßer zuziehen und zu begraben, undandern dergleichen Peinlichkeiten mehr, Erder Meister Fünf Thaler, oder Zwey gute Schock, nebenst Zwölf groschen Trinkgelt vor seinen Knecht, und daneben freyhe Zehrung zu gewarten haben."

"So geschehen Limbach den 20 Novembris Ao. 1675."