Der Aufbau der 10-klassigen polytechnischen Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf

1959 wurde das neue Schulgesetz erlassen, das den Aufbau der 10-klassigen polytechnischen Oberschulen vorsah. Ein Schulsystem, wie es in Köthensdorf bestand, mit Mehrstufenklassen bis zur 8. Klasse, entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit.

Nach Erlass des Gesetzes war die Frage um den Fortbestand der Köthensdorfer Schule akut geworden. Es gab die Möglichkeit, die Schüler der Klassen 5 bis 8 nach Taura zu schicken. Dann wäre die Köthensdorfer Schule eine sogenannte Teilschule von Taura geworden, in der die Kinder der Klassen 1 bis 4 weiter in zwei Mehrstufenklassen unterrichtet worden wären. Eine ähnliche Situation gab es in Garnsdorf. Dort hätten die Kinder ab Klasse 5 nach Auerswalde umgeschult werden müssen. Die Bildung der Teilschulen konnte aber nur eine Übergangslösung sein, denn die Anforderungen an den Unterricht in der Unterstufe stiegen ebenfalls. Es musste überlegt werden, inwieweit der Schulbesuch in Taura für Kinder aus dem Unterdorf zumutbar war. Diese Frage war ja schon in den vergangenen Jahrzehnten aufgetaucht, als Reitzenhain noch Ortsteil von Taura war, und die Köthensdorfer Schule die Kinder aus Reitzenhain aufnehmen musste.

Den Köthensdorfer Kindern hätte allenfalls der Linienbus nach Taura in beschränktem Umfang zur Verfügung gestanden. Noch komplizierter war die Lage in Garnsdorf, da geplant war, die Oberklassen in Auerswalde zu konzentrieren. Ohne Sonderbus hätten die Garnsdorfer diese Schule nicht erreichen können.

So wurde das Projekt der Schulkombinatsbildung Garnsdorf - Köthensdorf wieder aufgenommen, das 1956 schon einmal angedacht worden war. 1960 erhielt der Leiter der Köthensdorfer Schule, Herr Gerhard Huhn, von der Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises Karl-Marx-Stadt den Auftrag, eine Konzeption über die Durchführung eines gemeinsamen Schulbesuchs der Köthensdorfer und Garnsdorfer Kinder zu erarbeiten. Voraussetzung war die Nutzung beider Schulgebäude. Es sollte erst einmal mit der Zusammenlegung der Klassen 4 bis 8 begonnen werden. Sorgfältig musste darauf geachtet werden, dass eine Benachteiligung der Kinder beider Orte unterblieb. Der Unterricht in Sport, in den naturwissenschaftlichen Fächern und in Werken musste aus technischen Gründen in Köthensdorf gehalten werden. Zur gleichmäßigen Belastung der Kinder sollten sie an drei Tagen der Woche die Schule im Heimatort besuchen und an drei Tagen in den Nachbarort fahren.

Mit dem Leiter der Nebenstelle Hartmannsdorf des damaligen VEB Kraftverkehr Mittweida, Herrn Oesterreich und seinem Mitarbeiter Heinz Berger fand man verständnisvolle Partner bei den Verhandlungen bezüglich eines einzurichtenden Schülerverkehrs. Ein genauer und auf den Unterrichtsbeginn bzw. Unterrichtsschluss abgestimmten Fahrplan und die Haltestellen wurde vereinbart. Als problematisch erwies sich, dass es in den beiden engen Orten keine Wendeschleifen zum Umlenken der Busse gab. Aber auch hiefür wurden Lösungen gefunden.

Es galt, den Lehrereinsatz zu planen. Mit den Kräften beider Lehrerkollegien konnte das Fachlehrersystem vervollständigt werden. Die mögliche Einsparung einiger Lehrer wog die Unkosten für den Schulbus auf, so dass auch die Finanzgewaltigen beim Rat des Kreises keine Einwände hatten. Der damalige Kreisschulrat, Alfred Zill, und sein Stellvertreter, Walter Semmler, der sich besonders um die Kombinatsbildung bemühte, hielten den vorgelegten Plan für gut, und es erfolgte die Anweisung, ihn ab 1. September 1960 in die Praxis umzusetzen.

Nun galt es, die Eltern von der Notwendigkeit der Zusammenlegung zu überzeugen und ihre Unterstützung zu gewinnen. Am 30 Juni 1960 fanden dazu in beiden Orten Elternversammlungen statt, auf denen die vielen Fragen und Sorgen der Erziehungsberechtigten angesprochen und aus dem Wege geräumt werden konnten. Bis auf wenige Ausnahmen lag am Ende der Versammlungen das Einverständnis der Eltern vor, die Oberschule Garnsdorf - Köthensdorf zu bilden.

Die räumlichen Verhältnisse waren in Köthensdorf besser. Aus diesem Grund wurde die Verwaltung in Köthensdorf eingerichtet. Der Schulleiter von Köthensdorf, Gerhard Huhn, wurde zum Direktor der Oberschule ernannt, und der Garnsdorfer Schulleiter, Werner Sczesny, wurde stellvertretender Direktor. Im oblag außerdem die materielle Verwaltung des Garnsdorfer Schulgebäudes und die Verbindung zur Gemeinde Garnsdorf.

Die wichtigste Aufgabe der ersten Jahre war die Angleichung des Bildungs- und Erziehungsniveaus beider Schulen. Die Klassenleiter hatten die Aufgabe, ein einheitliches Klassenkollektiv zu schaffen. Nach 2 Jahren konnte festgestellt werden, dass sich der Zusammenschluss bewährt hatte. So ging man daran, auch die Klassen 1 bis 3 zusammenzulegen. Das erfolgte vom Schuljahr 1962/63 an.

Nun konnten auch diese Unterstufenklassen den Sportunterricht in der Turnhalle Köthensdorf erhalten. Noch fehlte eine 9. und 10. Klasse. Es gab noch keine Pflicht zum Besuch dieser Klassen. Für die Köthensdorfer gab es in Taura die Möglichkeit, diese Klassen zu besuchen, und die Garnsdorfer fanden Aufnahme in Auerswalde.

Da das Abschlusszeugnis der Klasse 10 immer mehr zur Voraussetzung für das Ergreifen eines gewünschten Berufes wurde, war die Zeit herangereift, auch die Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf bis zur 10. Klasse auszubauen. Das begann am 1. September 1966 mit der Bildung einer 9. Klasse, die 1968 ihre Abschlussprüfung ablegte. Die Abschlussfeier der 10. Klasse am Ende eines jeden Schuljahres wurde von da an zur Tradition. Außerdem wurden nach jedem Schuljahr die besten Schüler aus der Klasse 8 in den Oberschulen Burgstädt oder Frankenberg aufgenommen.

Mehrere ehemalige Schüler kehrten als Lehrkräfte an ihre Heimatschule zurück. So die ehemaligen Garnsdorfer Schüler Günter Fritsche als Sport- und Werklehrer und Monika Emmrich (verh. Findeklee) als Sportlehrerin und Horterzieherin. Roland Müller besuchte bis 1955 die Köthensdorfer Schule, wurde in die Oberschule in Burgstädt aufgenommen und war nach Studium und Militärdienst bis 1974 Physik- und Mathematiklehrer. Nach seinem Weggang zur Abteilung Volksbildung beim Rat des Bezirkes trat Brigitte Liebers (verh. Faßmann) aus Garnsdorf an seine Stelle. Sie hatte 1969 die Abschlussprüfung der Klasse 10 abgelegt und nach einem Vorkurs in Leukersdorf an der TH in Karl-Marx-Stadt Physik und Mathematik studiert. Vorher war noch Marion Bohne (verh. Göthel) einige Jahre als Unterstufenlehrerin an der Oberschule Garnsdorf/Köthensdorf tätig. 1980 trat Ute Lettau (verh. Nagler) aus Köthensdorf als Pionierleiterin ins Lehrerkollegium ein. Ab 1983 war sie stellvertretende Direktorin für außerschulische Erziehung. Evelin Bock (verh. Stark) aus Garnsdorf, kam ab 1984 als ausgebildete Deutsch- und Russischlehrerin zurück an unsere Schule.

1974 wurde der Oberschule der Name "KuBa-Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf verliehen. Der Dichter KuBa war bis 1928 Schüler der Garnsdorfer Schule gewesen.

Nicht nur die neu gebildeten Klassenkollektive mussten sich festigen, sondern auch das Lehrerkollektiv stand vor der Aufgabe, einen gemeinsamen Arbeitsstil zu finden. Das gelang bald, da der Schule über viele Jahre hinweg eine verhältnismäßig stabile Lehrerschaft zu Verfügung stand, die sich um eine gute Unterrichtsarbeit bemühte.

Da die einzügige Schule nicht für alle Fächer Fachlehrer haben konnte, übernahmen Vertreter anderer Fächer diese Stunden. Die erhöhten Lehrplananforderungen machten es aber notwendig, Fachlehrer aus anderen Schulen als Wanderlehrer einzusetzen.

Nach Bildung des Schulkombinates gab es die Möglichkeit, den Unterrichtstag in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Garnsdorf durchzuführen. Als Betreuer stellte sich der Genossenschaftsbauer Schattenberg zur Verfügung. In der alten Mühle in Garnsdorf wurde ein Unterrichtsraum geschaffen. Die Schüler arbeiteten auf dem Feld, in den Ställen und in der Reparaturwerkstatt der LPG.

Nachdem der damalige VEB Trikotex in Wittgensdorf ein in jeder Hinsicht vorbildliches Polytechnisches Zentrum (Polyzent) geschaffen hatte, das von der Wittgensdorfer Schule nicht ausgelastet werden konnte, wurden die Schüler der Klassen 7 bis 10 unserer Schule dort aufgenommen. Sie wurden jetzt von Fachkräften für den ESP-Unterricht (Einführung in die sozialistische Produktion), für Technisches Zeichnen und für die praktische Arbeit unterrichtet. Voraussetzung hierfür war allerdings die Erweiterung des Schulbusverkehrs nun auch in Richtung Wittgensdorf.

Noch vor der Bildung des Schulkombinates wurde 1959 in Köthensdorf eine Hortgruppe gebildet. Frau Keller aus Göritzhain wurde als Hortleiterin eingesetzt. Hilfskraft war Irmgard Huhn, die 1960 die Leitung übernahm und diese bis 1978 inne hatte. Nachfolgerin bis 1983 wurde Anny Schuster. Immer mehr Mütter nahmen in diesen Jahren eine Berufstätigkeit auf, so dass die Zahl der Kinder im Hort schnell anwuchs. Ein Frühdienst ab 6:00 Uhr musste eingerichtet werden. Die Räumlichkeiten für den Hort reichten im Schulhaus bald nicht mehr aus. So wurde im Zusammenhang mit dem Bau des Feuerwehrgerätehauses und der Schulküche mit Speisesaal auch ein Hortzimmer geschaffen, das ab 1968 morgens und nachmittags zur Verfügung stand.

Durch die Forderung nach Fachunterrichtsräumen Anfang der 1970er Jahre wurde eine Umstrukturierung an der Oberschule Garnsdorf / Köthensdorf erforderlich. Die Unterstufe wurde nunmehr ausschließlich in Garnsdorf konzentriert und die Schüler der Klassen 5 bis 10 in Köthensdorf. Der Lehrmittelbestand besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern war bedeutend angewachsen. Das alte Lehrmittelzimmer reichte längst nicht mehr aus. Die Lehrmittel mussten jederzeit für den Fachlehrer griffbereit sein. Der Anfang mit einem Fachunterrichtsraum wurde bereits 1962 gemacht. Nachdem der Werkunterricht in die ehemalige Lehrwerkstatt des damaligen VEB Holzbau verlegt worden war, stand das Zimmer 1 für den Einbau eines Physikzimmers zur Verfügung. Für die Durchführung von Schülerexperimenten war die Anlage eines Energieblockes nötig. Da nicht alle Schulen sofort mit diesen modernen Schulmöbeln ausgestattet werden konnten, baute Tischlermeister Arno Peters unter Mitwirkung von Werklehrer Günter Fritsche einen Energieblock ein. Die erforderliche Gas- und Wasserzuleitung besorgte Klempnermeister Donner aus Markersdorf. In das Kellergeschoss zog der Biologielehrer ein. Bald kam das Sprachkabinett hinzu, und die Lehrmittel für Geografie und Geschichte wurden in Zimmer 8 untergebracht. Die pädagogisch richtige Nutzung dieser Einrichtungen war nur möglich, wenn die Oberklassen ständig in der Köthensdorfer Schule Unterricht hatten. So kam es zur Trennung von Unter- und Oberstufe.

Auf Grund von erheblichen Mängeln und Unzulänglichkeiten konnte die Garnsdorfer Schule, die mittlerweile über 100 Jahre bestand, nicht mehr länger aufrechterhalten werden. 1974 wurde somit ein Anbau an die Köthensdorfer Schule projektiert. Er sollte vier Klassenzimmer, einen Werkraum und neue Sanitäranlagen haben.

1975 begannen die Bauarbeiten durch eine Lehrlingsbrigade des Betriebes Bau-Nord. Durch die herabgeminderte Norm und durch Bauunterbrechungen wegen Materialmangels zog sich das Baugeschehen bis 1977 hin. Am 1. September 1977 konnten die neuen Schulräume dem Schulkollektiv übergeben werden.

Die Verbesserung der Unterrichtsarbeit und damit der Lernergebnisse stand all die Jahre im Vordergrund der Bemühungen der Lehrer. Natürlich gab es Erfolge und Misserfolge. Es galt aber, im Lehrerkollektiv eine Atmosphäre der Freude an der Arbeit zu schaffen, gegenseitige Unterstützung zu organisieren und Pessimismus und Resignation vor Schwierigkeiten nicht aufkommen zu lassen.

Schrittweise wurde das neue Lehrplanwerk durchgesetzt. Die Lehrer besuchten Fachlehrerkonferenzen, nahmen an den Lehrgängen im Kurssystem teil und diskutierten ihre Erfahrungen im Pädagogischen Rat. Die politische Linie der damaligen Staatsmacht rückte immer mehr in den Vordergrund. Man bemühte sich, die gewählten Räte und Leitungen der kommunistischen Jugendorganisationen in die Erziehungsarbeit einzubeziehen und positive öffentliche Meinungen gegenüber dem Staat in den Schülerkollektiven hervorzurufen. Dies galt auch für die außerschulische Arbeit in den verschiedensten Arbeitsgemeinschaften, zum Beispiel der Russisch-Kulturgruppe, der AG Kaninchenzüchter, der Jungen Sanitäter, der Jungen Brandschutzhelfer und diverser Sportgruppen.

Wie schon in den fünfziger Jahren spielte die Feriengestaltung in der außerschulischen Arbeit eine wichtige Rolle. Hatten in diesen ersten Jahren die Schüler aller Klassen an den Ferienspielen teilgenommen, so blieben sie später den Kindern der Unterstufe vorbehalten. Für die älteren Schüler wurden verstärkt Schulfahrten in Jugendherbergen, Schulen im Erzgebirge oder in zentrale Pionierlager organisiert. Große Erfolge hatten auch die Schwimmlager, die viele Jahre unter Leitung des Sportlehrers Günter Fritsche in den Freibädern Garnsdorf, Wittgensdorf und Burgstädt durchgeführt wurden.

Das Ende der 10-klassigen polytechnischen Oberschule

Wegen zu geringer Schülerzahlen wurde am Ende des Schuljahres 1991/92 die Mittelschule aufgelöst. Alle Bemühungen, die Einrichtung - auch in anderer Form - zu erhalten, waren gescheitert. Fräulein Pahlig und Herr Fritsche gingen in den Vorruhestand. Herr Herrmann (als Direktor), Frau Ludwig, Frau Stark nach Auerswalde/Ottendorf, Frau Faßmann ans Gymnasium Burgstädt, Herr Dehnert zur Volkshochschule, Frau Röser und Frau Rudelt nach Taura und Frau Kuhn als Schulleiterin nach Mohsdorf. In Köthensdorf wurden nur noch 64 Schüler der Klassen 1 bis 4 aus Garnsdorf und Köthensdorf in einer Grundschule unterrichtet. Die größeren Schüler mussten nach Claußnitz und Taura.

Schulleiterin wurde Frau Heike Tewes, die Tochter des langjährigen Sport- und Werklehrers Günter Fritsche aus Garnsdorf. Als weitere Klassenlehrer waren Frau Petra Weisser, Frau Sylke Hempel (Aich) und Frau Monika Findeklee eingesetzt.

Am 10. August 1994 erfolgte die Zusammenlegung der Grundschulen Köthensdorf und der Schule Taura, da deren Räume für den Ausbau der Mittelschule gebraucht wurden und die Schülerzahlen weiter zurückgehen. Die Garnsdorfer Schulanfänger wurden auf Grund der Eingemeindung ab dem Schuljahr 1994/95 in Auerswalde eingeschult. Die Firma Heilmann aus Mohsdorf übernahm den Schülertransport von Garnsdorf und Taura nach Köthensdorf.

Leiterin der Grundschule bleibt Frau Tewes. Zu den seit 1991 unterrichtenden Lehrerinnen kommen bis zum Jahr 2002 Frau Gebhardt, Frau Heilmann, Frau Schott, Frau Kertzsch, Frau Meier und Frau Tittel hinzu.

In den Sommerferien 2002 ließ die Gemeinde das gesamte Schulgebäude restaurieren, so dass es anlässlich seines 90. Geburtstages im alten Glanz neu erstrahlte. Zu Recht kann das 1912 im Landhausstil errichtete Gebäude als ein "kulturelles Kleinod" des Landkreises Mittweida bezeichnet werden.

Am 23. August 2002 erhielt die Grundschule Köthensdorf anlässlich ihres 90-jährigen Bestehens den Ehrennamen Johann-Esche-Grundschule verliehen.