Allgemeine Betrachtungen zur Besiedlung des Gebietes um Burgstädt

Vor Tausenden von Jahren war unser Umland von einem riesigen Urwald, dem Miriquidi, bedeckt. Ausgehend vom nördlichen Rande der Leipziger Tieflandebene erstreckte sich dieser "schwarze Wald" über das Erzgebirge bis hin nach Böhmen. Diese undurchdringliche und oftmals sumpfige Wildnis schien für menschliche Ansiedlungen denkbar ungeeignet und doch liegen uns Anzeichen vor, dass bereits in prähistorischer Zeit Menschen auch in unseren Gebieten lebten.

In einer Lehmgrube bei Penig stieß man im 19. Jahrhundert auf Spuren einer menschlichen Lagerstätte aus der Zeit des Neolithikum. Man fand Steinäxte und weitere Steinwerkzeuge, die eindeutig darauf hinwiesen, dass bereits in der Jungsteinzeit, also vor ca. 6000 Jahren, unsere Gegend von Menschen bewohnt war. Dr. Clemens Pfau aus Rochlitz fand gegen Ende des 19. Jahrhunderts am Königsberg bei Markersdorf Überreste einer bronzezeitlichen Niederlassung.

Dies, wie auch die vielerorts erwähnte heidnische Kult- und Opferstätte am Taurastein, lassen uns mit Sicherheit annehmen, dass unser Gebiet bereits seit weit-vorchristlicher Zeit von Menschen bewohnt war. Ob die damaligen Ansiedlungen unserer Vorfahren nur sporadischen Charakters waren oder auch über längere Zeiträume Bestand hatten, muss dahingestellt bleiben. Die ersten festeren Ortsgründungen dürften zur Zeit der Völkerwanderung um und nach 250 nach Chr. entstanden sein. Slawische Völker, besonders Sorben (Wenden), drangen in unseren Raum vor und wurden hier ansässig. Viele unserer heutigen Ortsnamen deuten noch auf die ehemalige slawische Besiedlung hin: Taura (Turawe), Mühlau (Meilin), Claußnitz (Clusenitz) und andere mehr.

Eine weitere größere Umwälzung in der Besiedlungsgeschichte erfuhr auch unsere Pflege zur Zeit der germanisch-deutschen Kolonisierung ab dem 9. Jahrhundert. Auf der Suche nach Land und damit Existenzmöglichkeiten rückten Siedler aus dem fränkischen in die Sorbengaue vor, um sich hier anzusiedeln. Blutige Auseinandersetzungen zwischen den hier lebenden Sorben und den deutschen Kolonisten waren nunmehr an der Tagesordnung. Eine der Personen, die in jenen Zeiten für unser Gebiet Geschichte schrieb, war Bischof Arndt (auch Arn, Arno) von Würzburg. Als der sich mit seinen Truppen aus dem Böhmischen zurückzog, kam es im Sommer 892 am Sandberg bei Wiederau (nach anderen Quellen am Taurastein) zu einer Entscheidungsschlacht. Er erlag der sorbischen Übermacht und wurde wenig später am 13. Juli 892 in seinem Feldlager am Schlossberg zu Chemnitz von eindringenden Sorben ermordet. Den kriegerischen Auseinandersetzungen setzte erst um 894 der "Mährische Friede" ein Ende, in dessen Folge sich die hier verbliebenen Sorben (Wenden) verpflichteten, die deutsche Krone anzuerkennen.

Während vordem die Besiedlung recht spärlich gewesen sein mag, sich die Menschen in der Hauptsache von Jagd und Fischfang ernährten, trat nun eine grundlegende Strukturwandlung ein. Es begannen systematische Rodungen des "Miriquidi". Land wurde urbar gemacht und es entstanden in der Folgezeit viele darauf basierende bäuerliche Ansiedlungen, wie zum Beispiel Burkirstorff (Burkersdorf), Gotfirstorff (Göppersdorf), Hellewigistorff (Helsdorf) und andere.

Belebt wurde unser Gebiet auch dadurch, dass zunehmend wichtige Handelsstraßen dieses berührten bzw. durchzogen. Eine der bedeutendsten Handelswege in unserer Pflege war die sogenannte "Salzstraße", auf der das "weiße Gold" aus den halleschen Salinen in das salzarme Böhmen gelangte. Welche Bedeutung die Salzstraße zu damaligen Zeiten hatte, mag man daraus ersehen, dass im 12./13. Jahrhundert der Reichsministral (vergleichbar mit einem Beamten, in der Rolle des örtlichen Stellvertreters des Kaisers) Henricus de Drackinvelc (Heinrich vom Drachenfels) dazu berufen wurde, in der gleichnamigen Burg bei Chursdorf die Furt durch die Mulde bei Penig abzusichern.

In dieser Zeit erfolgte auch eine politisch-territoriale Neuaufgliederung, die auch unser Gebiet betraf. Während die Ortschaften und Ländereien um Rochlitz und Wechselburg in den Herrschaftsbereich des Wiprecht von Groitzsch übergingen, stand unsere Pflege im Machtbereich der Burggrafen zu Altenburg und Rochsburg. Diese werden es denn auch gewesen sein, die gegen Ende des 13. Jahrhunderts den Grundstein legten für eine neue Stadt in ihrem Territorium, für das heutige Burgstädt.