Von der Armut der Lehrer

Allgemeine Wertschätzung Leunerts im Orte verhinderte aber nicht die drückende Lage des Lehrers. Eine bewegende Klage von ihm an den Superintendenten vom Jahre 1836 lautet wörtlich: "Er habe fast noch gar kein Gehalt bekommen und er müsse froh sein, wenn der Schulgeldeinnehmer ihm auf seine Bitte monatlich eine kleine Summe vorschieße." - "Der arme Mann", bemerkte sein Vorgesetzter, "gerät mit seiner Familie in die drückendste Not." Das hier Gesagte ist nun nicht etwa ein Ausnahmefall, welcher nur unseren Ort betrifft, es war zu jener Zeit fast die Regel in allen kleinen Dörfern. Lehrer Leunert war gezwungen, sich nach Nebenerwerb umzusehen und betrieb dann den Handel mit Medikamenten.

Am 25. September 1843 behandelte der Gemeinderat das Gesuch des Lehrers Leunert, ihm einen Keller zu bauen, in dem er seine "Erdäpfel" unterbringen konnte. Das Schulgebäude war ja nicht unterkellert. Der Rat lehte das Gesuch für das laufende Jahr ab. Der Gemeindevorsteher Bonitz und der "Begüterte" Hering waren geneigt, dem Schullehrer ein Plätzchen zur Schüttung seiner Erdäpfel einzuräumen. Am 10. September 1845 traf der Gemeinderat die endgültige Entscheidung, einen Schulkeller im Winkler’schen Grundstück bauen zu lassen (Bergkeller an der unteren Gasse, unterhalb des heutigen Gutes der Familie Schlimper). Beauftragt wurde der Tauraer Maurermeister Müller, ihn für 15 Thaler auszubauen.

Infolge Altersschwäche ging der Lehrer Leunert im Jahre 1865 in den Ruhestand. Um seine spätere Versorgung zu regeln, bildete sich eine Kommission aus folgenden Herren: Superintendent Dr. Siebenhaar, Gerichtsamtmann Martini und Gerichtsauktuar Klinger aus Burgstädt und Herr Baron von Leuschner auf Rittergut Limbach. Nach langer Debatte wurde sich endlich dahin geeinigt, dass Leunert jährlich 120 Thaler inklusive Holz- und Brotgeld erhalten soll. Auch wurde demselben noch zugesichert, den Betrag auf 150 Thaler zu erhöhen, wenn die Staatskasse das Fehlende trägt. Leunert verließ nun unseren Ort, aber die Quellen verschweigen, wo er seinen Lebensabend verbrachte.

Es sei nun hier noch einiges über die Einkommensverhältnisse der alten Dorflehrer berichtet. Wie schon aus dem Vorhergehenden zur Genüge hervorgeht, waren die alten Schulmeister in finanzieller Hinsicht nicht auf Rosen gebettet. Der Grund hierfür lag ganz natürlich in dem armseligen Leben jener Zeit. Wocheneinkommen von 1 Thaler galten damals für den schlichten Mann als ausreichend. Wen wundert’s, dass man dem Lehrer auch nicht viel mehr zubilligen wollte, um so mehr da ja diese Leute aus demselben Stande hervorgegangen waren. Drang die Behörde ausnahmsweise auf Besserung des Lehrergehaltes, so geriet das ganze Dorf in die größte Aufregung. Der Schullehrer war dann den gröbsten Anfeindungen ausgesetzt, mitunter machte man ihm das Leben derart schwer, dass er wohl oder übel das Amt aufgeben musste. Als im Jahre 1805 in Taura das Schulgeld erhöht wurde, um dem Lehrer Zschille ein besseres Einkommen zu verschaffen, zerstörten erboste Einwohner demselben seinen Gemüsegarten. Sie drangen des Nachts in den Garten ein und zogen die im besten Wachstum stehenden Kartoffel- und Gurkenpflanzen aus der Erde. Überhaupt stand man in der alten Zeit der Schule nicht sehr wohlwollend gegenüber. Infolge des sehr geringen Wohlstandes der Bevölkerung waren die niederen Klassen gezwungen, ihre Kinder schon frühzeitig zur Arbeit heranzuziehen, und die Schulstunden galten deshalb bei vielen als verlorene Zeit.

Das Einkommen der alten Lehrer setzte sich zusammen aus dem Schulgeld, dem sich dann noch Naturalbezüge an Brot, Eiern, Käse und Brennholz anschlossen.

Es sind Fälle bekannt, dass die Lehrerfrauen infolge des niedrigen Einkommens ihrer Ehegatten das Hausiergewerbe betrieben, ja, die Leipziger Messe bezogen. Erst in der Zeit nach 1879 kam der Lehrerstand nach und nach zu besserem Einkommen.