Das Schulwesen nach dem 2. Weltkrieg

Ab Februar 1945 wurde vorerst kein Schulunterricht mehr gehalten. Das Schulgebäude diente bis zum   August 1945 als Notquartier für Ausgebomte und Umsiedler. Der Befehl der Sowjetischen   Militäradministration (SMAD), ab 1. September 1945 den Unterricht wieder aufzunehmen, setzte voraus, dass das Gebäude gründlich gereinigt und für den Unterricht hergerichtet wurde. Große Verdienste erwarben sich dabei Emil und Paula Holler, die als Hausmeisterehepaar in die Schule gezogen waren. An Inventar gab es noch die alten, schweren Schülerbänke mit festen Sitzen, Pulte und Wandtafeln aus dem Jahre 1912. Einige Schränke wurden Umsiedlern zur Verfügung gestellt. Sie waren leer geworden, da die Bücherei und der Lehrmittelbestand von allem befreit wurden, was zur Verbreitung des faschistischen Ungeistes gedient hatte. In die Schulräume sollte eine demokratische und antifaschistische Gesinnung einziehen

 

Der Anfang war schwer. Es gab noch keine neuen Lehrbücher. Schreibpapier war äußerst knapp. Man behalf sich mit alten Beständen, die in den Haushalten der Kinder und Lehrer noch vorhanden waren. Am 2. Januar 1947 musste sich der Schulausschuss mit Kohlemangel in der Schule befassen und Unterrichtskürzungen zur Kenntnis nehmen. Im Lehrmittelzimmer fand man noch einige veraltete Gegenstände aus der Weimarer Zeit. Für den naturwissenschaftlichen Unterricht stand ein Schrank mit ausgestopften Tieren und einigen biologischen Präparaten zur Verfügung.

Die Lehrer, die der faschistischen Partei NSDAP angehört hatten, wurden nicht wieder zum Unterricht zugelassen. Meist junge Leute, die den Wunsch hatten, Kinder zu lehren und zu erziehen, wurden ohne pädagogische Ausbildung als Neulehrer eingestellt. Selbst noch lernend und sich auf eine 1. und 2.

In dieser Zeit waren an der Köthensdorfer Schule tätig:
  • Gerhard Bargenda: Ein junger Umsiedler, wird Schulleiter (01.10.1945 - 01.03.1949)

Bargenda war eine markante Persönlichkeit. Er unterstützte als Gemeindevertreter aktiv die antifaschistische, demokratische Umwälzung und gestaltete das neue gesellschaftliche und kulturelle Leben wesentlich mit. Er war der Begründer der Antifa-Jugend und leitete sie in die FDJ über. 1949 wurde er zum Leiter der Ernst-Schneller- Schule in Burgstädt berufen. Durch einen tragischen Verkehrsunfall verlor er sein junges Leben.

  • Ursula Schmerle: 1945 - 1948, Versetzt nach Hermsdorf
  • Otto Almeroth: 1946 - 1950, Ausgeschieden
  • Rudolf Miesel: 1946 - 1949, Ausgeschieden
  • Ruth Sparborth: 1946 - 1949, Versetzt nach Lunzenau
  • Helmut Schwenk: 1948, Versetzt nach Burgstädt
  • Otto Weber: 1948, Versetzt nach Hartmannsdorf
  • Lisa Ahnert: 1948 - 1949, Ausgeschieden
  • Arnolf Posern: 1948 - 1949, Ausgeschieden
  • Ilse Dorsch: 1949, Versetzt nach Rochlitz
  • Siegfried Storch: Schulleiter, 1949 - 1950, Ausgeschieden
  • Edeltraud Kestermann: 1949, Versetzt nach Burgstädt
  • Ella Lenski: 1949 - 1952, Erste Russischlehrerin
  • Karl-Heinz Walther: 1949 - 1952, Versetzt
  • Heinz Schmidt: Schulleiter 1949 - 1952, Versetzt nach Taura
  • Horst Rudolph: 1950 - 1977, Ehrenamtlicher Pionierleiter, Stellvertreter des Direktors, ausgeschieden
  • Heinz Richter: 1950 - 1955, Versetzt nach Auerswalde
  • Anne-Marie Rother: 1945 - ? Handarbeitslehrerin

Mit dem 1946 verkündeten Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule erhielt die neue Schule ihre gesetzliche Grundlage. Mit ihr wurden die Ziele vieler fortschrittlicher Pädagogen der Vergangenheit verwirklicht.

Grundsätze waren:
  • die Brechung des Bildungsprivilegs der besitzenden Klassen,
  • der Aufbau der Einheitsschule von der Grundschule bis zur Universität,
  • die völlige Trennung von Staat und Kirche.

Als Erziehungsziel formulierte man die Herausbildung selbständig denkender und verantwortungsbewusst handelnder Menschen.

Am 13.12.1948 wurde der Verband der Jungen Pioniere gegründet, und in der Köthensdorfer Schule bildete sich eine Pionierfreundschaft. Das blaue Halstuch prägte äußerlich das Bild der neuen Schülerschaft.

Nach und nach füllte sich der Bestand der Lehrbücher mit Werken der Klassiker des Marxismus-Leninismus und der Sowjetpädagogik. Sie wurden zu Leitfäden bei der Aus- und Weiterbildung der jungen Lehrer.

Als erste neue Lehrmittel erschienen Wandkarten für den Geografieunterricht mit den nach dem Zweiten Weltkrieg neu festgelegten Grenzen. In einer Schulausschusssitzung musste man sich mit der Beschaffung  von Bindfäden für die Kartenaufzüge befassen. Neue Lehrbücher wurden eingeführt. Die neue, schön mit Bildern ausgestaltete Fibel für die Schulanfänger erregte allgemeine Anerkennung.

1949 war der Aufbau der antifaschistisch-demokratischen Schule vollendet. Nun kam es darauf an, durch  neue Lehrpläne das Bildungsniveau zu heben. Nach und nach setzte sich das Fachlehrersystem durch. Mit einem Fernstudium konnten sich Lehrer zu Fachlehrern qualifizieren.

Als Erster nutzte das in Köthensdorf der Lehrer Kurt Pfau, der ein Mathematik- Fernstudium absolvierte. 1956 kam als erste Lehrkraft mit Hochschulbildung Brigitte Pahlig als Russischlehrerin an die Grundschule Köthensdorf. Die Lehrer, die eine solche Ausbildung nicht hatten, waren Unterstufenlehrer. Durch den Mehrstufenunterricht war das Köthensdorfer Lehrer- kollegium klein. Es gab nicht für alle Fächer Fachlehrer. Hier setzten sich die Unterstufenlehrer entsprechend ihren Fähigkeiten ein.

Werkunterricht und Schulgartenunterricht wurden eingeführt. Damit begann die polytechnische Bildung und Erziehung der Schüler. Der ehemalige Kochschulraum wurde als Werkraum eingerichtet. Der damalige VEB Holzbau (heute KöHoVer) stellte zwei Hobelbänke zur Verfügung. Bürgermeister Schumann verzichtete auf das hinter dem Schulgelände liegende und aus der Bodenreform stammende sogenannte Bürgermeisterland, so dass ein Schulgarten angelegt werden konnte. Der Anschluss der Schule an die Stadtgasleitung, der in einem Arbeitseinsatz der Lehrer und des Hausmeisters bewältigt wurde, und der Einbau einer elektrischen Wasserversorgung bis in alle Stockwerke der Schule schufen die Voraussetzung für den späteren Physik- und Chemieunterricht.

1958 begann der Unterrichtstag in der Produktion (UTP) für die Schüler der Klassen 7 und 8. Im damaligen  VEB Holzbau konnte eine Werkstatt eingerichtet werden. Der Lehrer Kurt Pfau bemühte sich hier, die   Schüler in die Metallverarbeitung einzuführen. Die meisten der hergestellten Gegenstände, z. B. kleine Gartenhacken und Fallen für Vorlegeschlösser nahmen die Schüler mit nach Hause. Die Einbeziehung der praktischen Arbeit der Schüler in den Produktionsablauf des Betriebes war nicht gegeben.

Von Anfang an stand die staatsbürgerliche Erziehung und die Verbindung mit dem Leben in der neuen Gesellschaft im Mittelpunkt der Erziehungsarbeit. Mit Stolz empfing das Schulkollektiv eine Antwort des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, auf die Glückwünsche zu seiner Wiederwahl im Jahre 1953, die nach einem Schulappell nach Berlin gesendet worden waren.

Eine früher nicht gekannte Form der Arbeit mit den Kindern wurde auch in Köthensdorf eingeführt. In enger Verbindung mit der Wirksamkeit der Pionierorganisation entstanden außerschulische Arbeitsgemeinschaften. Die Lehrerin Brigitte Pahlig leitete den Schulchor und die Singegruppe. Zu besonderen Anlässen wurden Laienspiele eingeübt, so zum Abschluss des Schuljahres 1954 ein Stück nach Mark Twains "Tom Sawyer"  oder 1958 ein Stück anlässlich des 10. Geburtstages der Pionierorganisation. Der Lehrer Horst Rudolph entwickelte über viele Jahre hinweg eine Tradition des Kleinfeldhandballs für Mädchen und Jungen.

Schulaufnahme- und Entlassungsfeiern wurden sorgfältig vorbereitet. Vom finanziellen Überschuss des Schulfestes 1952, einer Summe von fast 3.000 Mark, konnten Stühle angeschafft werden. Die Veranstaltungen fanden nun in der Turnhalle statt.

Zu Fastnacht gab es fröhliches Treiben in der Turnhalle. Unterhaltungsspiele und Wettbewerbe ließen keine Langeweile aufkommen. Eine Akkordeongruppe der Schüler sorgte für musikalische Unterhaltung.

Eine neue Tradition wurde mit dem Internationalen Kindertag am 1. Juni eines jeden Jahres eingeführt. Die Frauen des DFD, allen voran Johanna Schumann, sammelten bei den Bauern Zutaten für das Kuchenbacken und verhalfen neben den Lehrern den Kindern zu einigen fröhlichen Stunden. Besonders aufwendig wurde der Kindertag 1958 gefeiert. In einem Festzug stellten Schüler das Leben der Kinder aus aller Welt dar. Die Mütter hatten sich große Mühe gegeben, annähernd echte Trachten der verschiedenen Völker zu nähen. Auf dem Sportplatz gab es dann sportliche Wettkämpfe und bunte Spiele. Die Ausgabe von Kaffee und Kuchen durfte nicht fehlen.

Ab 1954 war es möglich, in den Ferien mehrtägige Wanderungen zu unternehmen. Den Klassen standen die wiedereröffneten Jugendherbergen zur Verfügung. Eine der ersten Schulfahrten war die nach Lengenfeld im Vogtland im Juli 1954.

Daheim gebliebene Schüler aller Klassen nahmen in großer Zahl an den örtlichen Ferienspielen teil. Sie wurden aus der Schule heraus in das Pionierheim (heute Arztpraxis Dr. Münch) verlegt. Die Köchin des Kindergartens, Frau Marie Kerber, gab sich redliche Mühe, den Kindern ein schmackhaftes Essen zu   bereiten, was in der Zeit der Lebensmittelknappheit eine große Hilfe für die Familien war.

Wichtigste Aufgabe der Schüler war auch damals, auf Grund neuer Lehrpläne, den Leistungsstand zu erhöhen. Maßstab waren die damals eingeführten Abschlussprüfungen nach dem Besuch der 8. Klasse. So wurde ein Vergleich mit anderen Schulen möglich. 1955 gehörte unsere Schule zu den Besten im Landkreis.

Eine Möglichkeit des weiteren Schulbesuches war der Übergang aus der 8. Klasse in eine Mittelschule mit einer 9. Und 10. Klasse. Köthensdorfer Kinder konnten damals die Mittelschule in Wittgensdorf besuchen.

Lehrer bis 1960 waren außer den bereits genannten Heinz Richter und Horst Rudolph:
  • Gerhard Huhn: 1952 - 1960; Schulleiter der Grundschule
  • Kurt Pfau: 1955 - 1988; Fachlehrer für Mathematik und Chemie
  • Hans Bergmann: 1953 - 1956; Fachlehrer für Deutsch und Geschichte, Versetzt nach Karl-Marx-Stadt
  • Fräulein Kretzen: 1952 - 1957; Abiturientin; Lehrerin für Russisch; Abgang zum Studium
  • Gerhard Berger: 1957 - 1961; Unterstufenlehrer, Werklehrer; Ausgeschieden.
  • Brigitte Pahlig: 1957 - 1992; Fachlehrerin für Russisch
  • Friedrich Schmidt: 1957 - ; Unterstufenlehrer

Auf gut Deutsch gesagt ...

Wir müssen das Kind beim richtigen Namen nennen, sagte sich ein Journalist, fand ihn ohne langes Suchen im englischen Slang und brachte die Vokabel, die eigentlich Zicklein bedeutet, flugs in die deutschen Schlagzeilen: Kid. Das ist kürzer, kesser und knackiger als der langweilige und uns  Lesern längst überdrüssige deutsche Ausdruck für die lieben Kleinen. Mit ihren Worten gesprochen, ist die Vokabel richtig geil. Und genau um einen Buchstaben kürzer. Was werden wir womöglich schon morgen erleben? Die Sprachrevolution frisst die eigenen Kinder. Bald gibt es den Kidsgarten, die Kidslieder und den Kidswagen. Es wird wohl auch ein Kidsspiel sein, unsere Redewendungen und Sprichwörter mit einem neudeutschen Outfit zu versehen: von Kidsbeinen an - mit Kid und     Kegel - gebranntes Kid scheut das Feuer. Ein ganz neues Gefühl vermittelte uns Goethes Erlkönig: Erreicht den Hof mit Mühe und Not: In seinen Armen das Kid war tot. Doch nein, so weit sollte sich selbst das Kid im Manne von der Phantasie nicht treiben lassen. Wir wollen ja unser altgewohntes Wort Kind nicht gleich mit dem Bade ausschütten.

Dr. Schuster,Stein