Mit Heiligen durchs Jahr: Johannes der Täufer - keiner ist größer!

(Von Frieder Wolf, Wilkau-Haßlau)

Schon als Kind mochte ich den 24. Juni sehr, hatte ich doch eine besondere Beziehung zum Johannistag. Die war aber vordergründig praktischer Art, und hatte mit dem Heiligen nicht so viel zu tun. Nämlich: Wegen der traditionellen Johannisandacht auf dem Friedhof zu abendlicher Stunde ging es erst spät zu Bett! Am liebsten hätte ich eine tägliche Johannisandacht eingeführt. Mein Einfluss war zu gering, dies durchsetzen zu können, also blieb mir diesbezügliche Freude einmal im Jahr. Johannes der Täufer, dessen Geburtstag am 24. Juni gefeiert wird, war unter den Heiligen nicht irgendwer. Das belegt ein großes Wort Jesu’s: "Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer." (Matthäus 11,11). Johannes, Sohn der Elisabeth und des Priesters Zacharias, kam ein halbes Jahr vor Christus auf die Welt. Mit knapp dreißig Jahren ging Johannes in die Wüste, nach Jerusalem und an den Jordan. Wenn die "Stimme des Rufers in der Wüste", wie sich Johannes selbst nannte, predigte, machte sie das voller Leidenschaft. Nein, ein Blatt nahm sich der heilige Johannes nie vor den Mund. Die Pharisäer und Sadduzäer nannte er "Schlangenbrut". Das Gericht Gottes werde sie treffen. "Bekehret euch, denn nahe ist das Himmelreich", schmetterte er den Menschen entgegen. Viele ließen sich von ihm taufen. Auch Jesus kam an den Jordanfluss, um die Taufe von Johannes zu empfangen. Johannes fürchtete sich auch vor dem grausamen König Herodes nicht und verurteilte dessen schlechten Lebenswandel. Damit nahm das Unglück seinen Lauf. Ungefähr in der Mitte des ersten Jahrhunderts ließ Herodes den Heiligen öffentlich enthaupten. Wie populär Johannes ist, zeigt zum Beispiel die Vielzahl der Berufsstände, deren Patron er ist. Genannt seien lediglich die Architekten, Bauern, Wirte, Schornsteinfeger, Weber und Zimmerleute. Und sollte an einem heißen Sommertag ein schlimmes Unwetter mit Hagelschlag drohen, ist es angebracht, ihn um seinen Schutz zu bitten. Von Nachteil kann’s nicht sein. Das Brauchtum zu Johanni oder "Gohanne", wie wir im Erzgebirge sagen, ist recht reich. In alten Zeiten galt die Johannisnacht als Zauber- und Wahrheitsnacht. Beispielsweise glaubte man an die besondere Heilkraft des Wassers. Auch war es nicht verkehrt, Johanniskraut zu pflücken und für mögliche Krankheitsfälle aufzubewahren. Der bekannteste Brauch sind wohl ohne Zweifel die Johannisfeuer, die in der Nacht vom 23. Zum 24. Juni allerorts lodern. Sie stellen nach Ursprung und Bedeutung Sonnenwendfeuer dar. Gleich dem Wasser sollten sie vor Krankheit und bösen Geistern schützen, weswegen man über das Feuer sprang. Nahm man dazu noch seine Liebste an die Hand ("Paarsprung"), war das ein stiller Heiratsantrag und festigte die Beziehung. Außerdem sollte und soll ein solcher Sprung fruchtbarkeitsanregend wirken ... Typische Bräuche unserer Heimat wie der Tanz um den Johannisbaum oder die Vertreibung des sogenannten Faullümmels sind leider in Vergessenheit geraten. Manche Volkskundler lehnen es strikt ab, das Sonnenwendfest und die heidnischen Sonnenwendfeuer mit Johannes dem Täufer in Verbindung zu bringen bzw. eine Beziehung herzustellen. Es steht aber fest, dass der Geburtstag des Täufers (genaues Datum ist im Neuen Testament nicht überliefert), nicht ohne Grund auf den "Mittsommertag" gelegt wurde. Sehr überzeugend ist für mich die Auffassung und Interpretation des bekannten Theologen, Volkskundlers und Buchautors Prof. Dr. Hermann Kirchhoff. Er schreibt: "Das Fest des Täufers zur Sommersonnenwende kann im christlichen Bereich wohl nur im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest gesehen werden. Die wiederaufsteigende Sonne der Wintersonnenwende wird zum Gleichnisbild des "Sol invictus", der unbesiegbaren Sonne, die Christus ist; eine Symbolik, die das Datum des Weihnachtsfestes wohl mitbestimmte. Dann würde die nun abnehmende Sonne des Mittsommertages von Johannes 3,30 aus ("Er muss wachsen, ich muss abnehmen") auf den Vorläufer zu deuten sein.Vielleicht wurden auch Feuerbräuche aufgrund von Johannes 1,7 ff. dem Johannistag zugewendet, so dass das Johannisfeuer als Christussymbol zu verstehen wäre. So ist dieses Fest in der Mitte des Jahres für mich auch aus dieser Sicht ein ganz wichtiges, weil eben an eine der interessantsten und faszinierendsten Gestalten des Neuen Testamentes - Johannes - erinnert wird. Überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten gibt es darüber: Alle Spargelfreunde sind am 24. Juni recht traurig, denn nach altem Herkommen wird zu Johanni letztmalig das edle Gemüse gestochen. Vorbei ist’s dann mit frischem Spargel. Und: "Wenn johannes ist geboren, gehn die langen Tag verloren!"