Die Geschichte der Strumpfwirkerei in Köthensdorf und im Limbacher Land

In unserem Ort zeigte sich bei der Besiedelung der Gasse, dass die alten Webstühle nach und nach von Stumpfwirkstühlen verdrängt wurden. 1785 standen 13 Strumpfwirker zwei Leinewebern gegenüber. Diese Entwicklung hatte ihren Ausgangspunkt in Limbach und denen zur Gutsherrschaft gehörenden Dörfern. Köthensdorf kommt dabei der Ruhm zu, dass hier der Begründer dieses Handwerkzweiges geboren wurde. Johann Esche wurde am 3.Mai 1682 in Köthensdorf geboren. Sein Vater war Hanns Esche, ein Schwarzfärber, undseine Mutter hieß Magdalene geb. Winckler. Beide stammten aus Mittelfrohna und wurden dort 1670 getraut. Hanns Esche hatte bereits in Mittelfrohna das Färberhandwerk betrieben, ehe er nach Köthensdorf übersiedelte, denn hier wurde ein Färber gebraucht. Hanns Esche besaß in Köthensdorf kein eigenes Haus. Er wird Hausgenosse gewesen sein und wohnte zur Zeit der Geburt seines Sohnes Johann im Grundstück Köthensdorfer Hauptstr.94. Auf diesem Grundstück standen zwei Gebäude. Das größere Wohnhaus brannte 1946 ab und wurde nicht wieder aufgebaut. Das kleinere Seitengebäude blieb bis zum Abriß 1998 durch die Familie Volk erhalten.

Es wird angenommen, dass die Familie Esche dieses Seitengebäude bewohnte. Hanns Esche baute 1693 ein eigenes Haus ( heute Köthensdorfer Hauptstr.29, Familie Henry Rupsch ). 1695 zog die Familie nach Burgstädt, wo sie bis 1698 blieb. Dann übernahm Hanns das Gewerbe des dort verstorbenen Färbers. Nachdem der Sohn Johann Esche konfirmiert war, das muss etwa 1696 gewesen sein, bot ihn der Vater dem Gutsherrn zum Dienst an, da er ihn im eigenen Handwerksbetrieb nicht brauchen konnte. So begann Johann seinen Dienst als Kleinknecht, wurde Großknecht und zeichnete sich damals schon durch ein besonderes Verständnis für technische Dinge aus. Der stattliche, intelligente junge Mann erwarb bald das Wohlwollen seines Herren, Albrecht II. von Schönberg, der ihn zu seinem Leibkutscher ernannte.

Den ersten sächsischen Strumpfwirkstuhl hatte ein Hugenotte nach Dresden gebracht. Als herrschaftlicher Kutscher bekam Johann Gelegenheit, die Arbeitsweise des Stuhles genau kennenzulernen. Sicher hatte der Franzose an dem technisch interessierten jungen Mann Gefallen gefunden und ihm die Bauweise seines Stuhles genau erklärt, ohne zu ahnen, dass er sich damit einen Konkurrenten heranzog. Von der Reise zurückgekehrt, machte sich Johann daran, den Strumpfwirkerstuhl nachzubauen. Das konnte sicher nicht ohne Wissen und Unterstützung des Gutsherren geschehen. 1747 standen in Limbach bereits 31 Stühle, und Esche verarbeitete jährlich für 30000 Taler Seide. Diese Tätigkeit brachte ihn in seinem Wohnort hohes Ansehen ein. 1744 wurde er bereits als Fabrikant bezeichnet und als "Herr" angesprochen. Er sei wacker, unbetrüglich und dienstfertig gewesen. Am 30. Januar 1752 starb Johann Esche in Limbach als "Strumpf-, Seiden- und Wollen-Fabrikant, Handelsmann und Erbangesessener alter Wohlangesehener Werther Einwohner". Bei der Aufzählung der 1747 im Limbacher Herrschaftsgebiet stehenden Strumpfwirkerstühle gab es in Köthensdorf fünf, an denen drei Strumpfwirker arbeiteten. Johann Samuel Thieme mit zwei Stühlen, Johann Friedrich Vogel mit einem Stuhl und Hanns Bonitz mit zwei Stühlen. Die 1785 benannten 13 Köthensdorfer Strumpfwirker waren Johann Welker, Christian Bonitz, Johann Gottlieb Barth, August Bonitz, Johann George Klingbeil, Karl Gottlieb Wünsch, Johann Traugott Barth, Adam Gotlieb Schaufuß, Israel Irmscher, Johann Christoph Kühn, Daniel Fischer, Christoph Wünsch, und Samuel Schönfeld. Da im gleichen Jahr bei der Aufteilung der Parzellen auf der Gasse ebenfalls 13 Strumpfwirker benannt wurden, müssten sich alle um eine Parzelle auf der Gasse bemüht haben. Selbst Teile der bäuerlichen Bevölkerung und Frauen saßen in den folgenden Jahren am Strumpfwirkerstuhl, was allerdings den Unwillen der alten Meister hervorrief.

Sie waren stolz auf ihr Handwerk und suchten Anschluss an eine Innung. Am 18. Mai 1785 wurde die Limbacher Innung gegründet. Teinehmer waren 133 Meister, darunter 13 Köthensdorfer. Innungsschreiber wurde Johann Welker aus unserem Ort. Er war ein Meister der Schreibkunst (wir finden ihn daher 20 Jahre später als Schullehrer von Köthensdorf wieder). Die Innung bestand von 1785 bis 1861. In dieser Zeit erwarben 232 Köthensdorfer die Meisterwürde. Jüngster Meister war Friedrich Krasselt. Als Meisterstück musste ein sauber gearbeitetes Paar Strümpfe vorgelegt werden. Letztlich wurden auch auf dem Strumpfwirkstuhl angefertigte Handschuhe als Meisterstück angenommen. Daran zeigte sich bereits eine neue Entwicklung. Die Produktion von Handschuhen wurde immer aktueller. Als sich die Limbacher Strumpfwirkerinnung 1861 auflöste, gehörten ihr noch 130 Köthensdorfer Meister an. Diese wollten ihre Existenz verteidigen und gründeten 1865 noch einmal eine eigene Köthensdorfer Innung. Sie zerfiel, als 1869 im ganzen Land die Gewerbefreiheit verkündet wurde. Immer mehr Strumpfwirker fanden Arbeit in der Textilindustrie, vor allem bei der Stoffhandschuhproduktion. Eine Anzahl suchte auch beim Eisenbahnbau einen besseren Verdienst. Die letzten Strumpfwirker mussten ihre Aufträge in Rabenstein holen.

Sie wanderten dann wöchentlich einmal mit dem Quersack zu Fuß dorthin, um Ware abzuliefern und Garn zu empfangen. 1910 lebten noch drei alte Meister in Köthensdorf. Die Kinder, Enkel und Urenkel des in Köthensdorf geborenen Johann Esche waren allesamt Pioniere der frühen Industrialisierung. Sie brachten neue Entwicklungen ins Limbacher Land und sorgten für eine Verbreitung der Wirkerei in die Nachbargemeinden. In diesen Zusammenhang ist auch eine Frau zu nennen, die in der damaligen Zeit Erstaunliches leistete – Helene Dorothea von Schönberg (1729 – 1799).

Sie hat für ihre Zeit eine bemerkenswerte Weitsicht gezeigt und wesentlichen Anteil daran, dass das neue Gewerbe so günstig entwickeln konnte. So entstanden unter ihrer Regie die ersten planmäßig angelegten Strumpfwirkersiedlungen Sachsens, die Helenen- und Dorotheensraße in Limbach und die bereits genannte Gasse in Köthensdorf. Manche meinen sogar, dass diese Siedlungen die Wiege der deutschen Strumpfindustrie gewesen seien. Parallel zur Strumpfwirkerei entwickelte sich in unserem Raum auch der Bau von Wirkstühlen, Handkulier- und Handkettenstühlen – die ersten Textilmaschinen. Mit dem Nachbau des englischen Handwirkstuhles eines französischen Emigranten und der Einführung der Wirkerei im Limbacher Land entstanden in ganz Westsachsen durch unseren Johann Esche hunderttausende neue Arbeitsplätze, wenn man neben der eigentlichen Maschenwarenindustrie auch die vor- und nachgelagerten Industrien, einschließlich des einschlägigen Maschinenbaus hinzurechnet. Der in Köthensdorf geborene Johann Esche gilt daher mit Recht als der Vater der westsächsischen Maschenwarenindustrie.